Zusammenarbeit richtig dosieren: wieviel Team braucht Dein Team?

Als Führungskraft wünschst Du Dir eine reibungslose Zusammenarbeit im Team. Dass alle Hand in Hand arbeiten, sich einigermaßen verstehen und miteinander auskommen. Doch manchmal fühlt sich das nicht so an. Irgendwie spürst Du, dass es am Miteinander fehlt und jede:r hauptsächlich sein eigenes Ding macht.

Du versuchst es mit einem spaßigen Teamevent, sprichst Deine Wahrnehmung offen an und oder erhöhst die Präsenzzeiten, damit die Menschen wieder mehr in Kontakt miteinander kommen. Doch liegt da wirklich der Schlüssel für Dein Problem? Oder ist es vielleicht gar keins?

In diesem Artikel lade ich Dich ein, aus einer anderen Perspektive auf das Thema Zusammenarbeit im Team zu schauen. Vielleicht entdeckst Du einen Hebel, der die entscheidende Wende bringt. 

Viel Spaß beim Lesen!

Wieviel Team braucht denn mein Team?

Was genau möchten Sie mit dem geplanten Teamworkshop erreichen, was soll danach anders sein?

Die Antwort auf meine Frage in der Auftragsklärung lautet nicht selten: Die Leute in meinem Team müssen einfach mehr zusammenarbeiten!“ Im weiteren Verlauf des Gespräches höre ich dann, dass die Teammitglieder sich zu wenig abstimmen, ihr Wissen nicht teilen und sich in den regelmäßigen Jour Fixes immer weniger aktiv beteiligen. Irgendwann fühlt es sich dort an, als spräche man in eine Blackbox.

Als Führungskraft wünschst Du Dir natürlich mehr Interaktion, mehr Transparenz, gegenseitige Unterstützung und Zusammenarbeit im Team. Das ist mehr als nachvollziehbar. Nicht zuletzt, weil durch den mangelnden Austausch untereinander wichtige Informationen verloren gehen. Dadurch erhöht sich die Gefahr, dass Fehler passieren, die Verbindung untereinander und zum Unternehmen leidet und letztlich landen immer mehr Themen, die das Team eigentlich selbst klären könnte, wieder auf Deinem Tisch. Das ist nervig. 

Also unternimmst Du so Einiges, was nach Meinung der Extert:innen den Zusammenhalt stärkt – mehr Austausch, mehr Präsenztreffen, mehr Raum für informelle Gespräche, TeameventsDoch irgendwie verändert sich doch nichts.  

Wollen oder können die Menschen nicht besser zusammenarbeiten?

Das ist die Frage, sie meist zuerst gestellt wird. Denn wenn etwas nicht so funktioniert, wie wir uns das vorstellen, sind wir schnell bei der Annahme, dass die beteiligten Menschen es schlicht und ergreifend nicht WOLLEN. Und manchmal stimmt das auch, denn beim Bedürfnis nach Nähe und Distanz, Autonomie und Zugehörigkeit unterscheiden sich Menschen sehr stark. Die einen können und wollen lieber allein arbeiten, brauchen nicht so sehr den Austausch mit anderen und empfinden jede Art von Zusammenkunft oder Teamevents als furchtbar anstrengend. Für andere wiederum ist es gar ein Kündigungsgrund, wenn sie sich dem Team nicht wirklich zugehörig fühlen und echte, kooperative Zusammenarbeit im Team fehlt. Mit dieser Unterschiedlichkeit kann ein eingespieltes Team eigentlich umgehen, mit entsprechend offener Kommunikation ist das in der Regel kein Problem.

„Früher war das anders, da waren wir irgendwie näher aneinander dran.“ Wirklich?

Klar, in vielen Branchen haben sich die Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit stark verändert. Durch Homeoffice und zunehmend flexible Arbeitszeiten trifft man sich immer seltener im Büro und der informelle Austausch leidet. Das hat sicher einen Einfluss. Andererseits zeigen viele Beispiele, dass eine effektive Zusammenarbeit im Team auch in der neuen Arbeitswelt gelingen kann. Wie lässt sich also dann erklären, dass es in manchen Teams insgesamt so wenig Bereitschaft zur Zusammenarbeit gibt 

Ganzheitliche Ursachenforschung statt Ringelpiez mit Anfassen

Je nachdem, an wen Du mit Deiner Fragestellung gerätst, erhältst Du vermutlich sehr viele Empfehlungen, die vor allem das WIR-Gefühl stärken. Kletterwald, agiles Kochevent, Bowlingbahn und Bogenschießen – solche Maßnahmen sorgen für Spaß und tolle gemeinsame Erlebnisse. Doch wenn ein Team vor echten  Herausforderungen steht, wünschen sich die Beteiligten meist vor allem Klärung und Vorankommen. Spaß können sie auch mit ihrer Familie und Freunden haben, die Kolleg:innen gehören nicht zwangsläufig dazu.

Um herauszufinden, was Deinem Team an diesem Punkt wirklich weiterhelfen könnte, tauche ich gemeinsam mir Dir und Deinem Team ab in eine spannende Suche nach den Ursachen. Dem Ansatz von Simon Sinek folgend (Quelle: Start Witz WHY) starten wir dabei bei der Frage, um die sich vieles dreht: 

WARUM sollte das Team überhaupt mehr zusammenarbeiten?

Werfen wir dafür zunächst einen Blick darauf, wie aus einer Gruppe von (mehr oder weniger freiwillig) zusammengewürfelten Menschen eigentlich ein Team entsteht. Dazu braucht Dein Team zunächst zwei Dinge: 

  1. eine gemeinsame Vision bzw. ein gemeinsames Ziel und 
  1. eine gewisse Abhängigkeit bei der Verteilung der einzelnen Aufgaben, die für die Erreichung des Ziels nötig sind 

Nehmen wir das Beispiel einer Fußballmannschaft. Jeder Spieler bzw. jede Spielerin spielt auf einer bestimmten Position und leistet somit einen wichtigen Beitrag, damit die Mannschaft das Spiel gewinnen kann. Und das schaffen sie tatsächlich nur mit Zusammenarbeit und dadurch, dass sie sich die Aufgaben ihren Fähigkeiten entsprechend sinnvoll aufteilen. Die Führungskraft übernimmt dabei die Aufgabe, das Team optimal aufzustellen und auf das Spiel vorzubereiten. Im Spiel steht sie jedoch am Spielfeldrand und greift nur ein, wenn es nötig ist. 

In der Unternehmenswelt finden wir solche Teams an vielen Stellen, z.B. in Projektteams, in der Entwicklung oder Produktion. Die einzelnen Akteure arbeiten Hand in Hand an der Wertschöpfungskette und können die Ziele, an denen sie letztlich gemessen werden, nur gemeinsam erreichen. Diese Abhängigkeit fördert die Zusammenarbeit ganz unterschiedlicher Disziplinen und Leistungsniveaus und ist deshalb auch nicht immer einfach. Bei immer komplexer werdenden Aufgabenstellungen ist sie für diese Art von Teams jedoch alternativlos. 

Denk mal einen kleinen Moment darüber nach: 
Ist Dein Team so ein Fussballteam? Verfolgen Deine Leute ein gemeinsames Ziel und haben sie unterschiedliche Aufgaben, mit denen sie einen Beitrag dazu leisten?

Wenn Du nicht sicher bist, lies weiter …

Zusammenarbeit im Team ist nicht gleich Zusammenarbeit

Es gibt andere Formen der Zusammenarbeit im Team, das ich dann eher als Arbeitsgruppe bezeichnen würde. Zum besseren Verständnis ziehe ich erneut ein Beispiel aus dem Sport heran. Stell Dir ein Eisläufer-, Schwimm-, Bogenschießer- oder Skispringerteam vor. Du merkst bereits, das sind alles Einzelsportarten. 

Jeder Sportler bzw. jede Sportlerin kämpft zunächst für sich allein. Sie brauchen einander nicht, um einen Sieg einzufahren. Vielleicht haben sie gemeinsame Trainingseinheiten zur richtigen Technik oder für die nötige Kondition. Vielleicht gibt es im Turnier einen Medaillenspiegel der Mannschaft, doch unterm Strich zählt in erster Linie die Einzelleistung. Das führt zu einem gewollten Wettbewerb unter ihnen – jede:r will der bzw. die Beste sein. Auf dem individuellen Fordern und Fördern liegt entsprechend auch der Fokus der Führungskraft. 

Denk mal kurz darüber nach, welche Beispiele Du in Deinem Unternehmen für solche Arbeitsgruppen findest. 

Du wirst überraschend viele Beispiele finden. Ich denke an den Außendienst, der meist an individuellen Umsatzzielen gemessen (und bezahlt) wird. An Projektmanager, die viel mehr mit ihren Projektteams als mit ihren Projektmanagerkolleg:innen zusammenarbeiten. An beratende Rollen, wie z.B. die Rechtsberatung, die mit ihrem jeweiligen Spezialwissen stark abgegrenzte Sonderthemen übernehmen oder Führungskräfte, die mehr als genug mit ihrem eigenen Verantwortungsbereich zu tun haben und in noch stark hierarchischen Organisationen nur nach dem Erfolg in diesem Verantwortungsbereich beurteilt werden.  

Wo wenig Anlässe und Anreize für Zusammenarbeit im Team bestehen, wo ergibt sich dann ein Nutzen?

Wenn ich mich mit Teams der Frage nach dem WARUM für mehr Zusammenarbeit nähere, werden die Zusammenhänge zwischen dem Maß an Zusammenarbeit, der Aufgabe, der Struktur sowie den Anreizsystemen schnell deutlich. In der Regel kann das Team an diesen Rahmenbedingungen wenig ändern. Erzeugt das dann nicht ein Gefühl der Ohnmacht? Ganz im Gegenteil, die Erkenntnis, dass es nicht an den Menschen selbst oder an ihrer Bereitschaft zur Kooperation liegt, entlastet häufig das Team. Es nimmt den Druck raus, auf Biegen und Brechen ein super Team werden zu müssen. Meist wird dann der Weg frei, um gemeinsam an den richtigen Fragen zu arbeiten, z.B.  

An welchen Stellen könnte uns mehr Zusammenarbeit tatsächlich helfen, um in der Einzelleistung besser zu werden?

Welche gemeinsamen Ziele würden uns motivieren, mehr Zeit in das Vorankommen des gesamten Teams zu investieren?

Beim Ideenaustausch sollten dann natürlich nicht nur die persönlichen Motive und Präferenzen, sondern das Interesse des Unternehmens in den Fokus rücken. Es geht nicht nur um Wohlfühlen, es haben alle einen Job zu erfüllen. Deshalb nehme ich an dieser Stelle gern die Perspektive des Kunden oder auch der zu erfüllenden Aufgabe mit in die Diskussion hinein: 

Wieviel „Team“ braucht denn eigentlich unser Kunde, unsere Aufgabe, unser Ziel von uns und an welcher Stelle?

Es ist immer wieder erfrischend, wie die Ideen dann sprudeln. Man merkt, wie aus der Erwartung der Führungskraft ein authentischer Wunsch des Teams wird. Weil sie einen Sinn darin erkennen, sich gegenseitig zu unterstützen und voneinander zu lernen. 

Mit dieser Erkenntnis ist ein ganz entscheidender Schritt getan. Doch die eigentliche Arbeit fängt erst an. Jetzt müssen konkrete nächste Schritte vereinbart, Verantwortlichkeiten verteilt und verbindlich umgesetzt werden. Wie immer in der Teamentwicklung heißt es für den nachhaltigen Erfolg: dranbleiben, Fortschritt und Nutzen kontinuierlich reflektieren!  

Mein Fazit: die Dosis bringt die Power - oder das Gift!

So unterschiedlich wie die Teams selbst ist auch das Maß an Zusammenarbeit, das für die Erfüllung ihrer Aufgaben hilfreich ist. High Performance Teams sind für mich vor allem die Teams, die den Grad und die Qualität ihrer Zusammenarbeit immer wieder neu bewerten und justieren. Zusammenarbeit kann zu einem echten Störfaktor werden, wenn sie erzwungen wird und Abhängigkeit erzeugt, die eher behindert als nutzt.  

Wenn Du als Führungskraft das Gefühl hast, Dein Team arbeitet nicht gut genug zusammen, schau genauer hin. Es lohnt sich und gerne unterstütze ich Dich dabei. 

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